Dienstag, 2. Februar 2016

Bullshitfreie Kochbuchrezension: "Vegan Planet" - Robin Robertson (Vol. 3)

Datum der Erstpublikation: 26. August 2014

Generelle Infos
Vegan Planet - 400 Irresistible Recipes with Fantastic Flavors from Home and Around the WorldAutorin: Robin Robertson, Vorwort von Neal Barnard (M.D.)
Erschienen: 2003 Preis: ca. 16 Euro
Sprache: Englisch (keine deutsche Übersetzung vorhanden)
Verlag: Cliff's Notes Das Buch befindet sich seit September 2012 in meinem Besitz

Grafik, Design und generelles Aussehen
Vegan Planet ist ein Monster! - ein toller erster Satz, aber es ist mir wirklich nichts eingefallen, was noch zutreffender wäre. Das Buch enthält geschlagene 400 Rezepte. Dementsprechend dick ist das Buch auch, selbst als Taschenbuchausgabe, nämlich fast 4 Zentimeter dick. Das Buch muss deswegen vermutlich auch als Taschenbuch daherkommen. Ein gebundenes Buch wäre schlicht und einfach zu unhandlich und zu schwer.
Vom Format her ist das Buch so breit wie ein A-4-Format, aber weniger hoch. Durch diese Masse lässt sich das Buch auch aufklappen und bleibt bei den meisten Seiten auch einfach so liegen, ohne dass die Seite besonders beschwert werden müssten. Einzig die vorderen und hinteren Kapitel zeigen das "Seiten-Zuklapp-Phänomen". Hier ist es angeraten, eine grosse Dose Hülsenfrüchte zum Beschweren bereitzustellen.
Ein Nachteil der Machart des Buches ist es, dass zumindest bei meinem Exemplar die Einbandseite mittlerweile recht nach oben gebogen ist. Das Buch bleibt nicht wirklich in Form - durch seine Verarbeitung ist es aber auch nicht derart "elegant", dass man Angst hat, es auf den minimal dreckigen Tisch in der Küche zu legen. Ein Kochbuch durch und durch.

In "Vegan Planet" hat man konsequent auf sämliche Fotografien verzichtet, es gibt beispielsweise keine gesonderten Teil mit Fotos in der Mitte wie beim Veganomicon. Mich stört das nicht gross - für manche Leser, vor allem nicht-englischsprachige oder Leute, die mit dem englischen noch etwas Mühe haben, kann das aber durchaus ein Problem darstellen.
Das Design ist durchaus solide. Die Titel sind etwas schnörkelig gehalten, ansonsten ist die Schrift aber klar und deutlich. Die Zutatenliste ist deutlich mit anderer Farbe von den Anleitungen differenzierbar, weitere Infos findet man in beige hinterlegten Kästen ("Did you know") oder in weisser Schrift auf grünem Hintergrund in Boxen, kleine Illustrationen findet man auf jeder dritten Seite, die das Buch trotz fehlender Fotografien etwas sympathischer wirken lassen. Pro Seite findet sich meistens nur ein Rezept, selten zwei.


Inhalt
Kein veganes Kochbuch ohne Einleitung, so scheint es mir. Auch Vegan Planet kommt nicht ohne Einleitung aus. Es wundert mich eigentlich nicht. Veganismus ist insofern auch eine Ernährung des Verzichts, des Weglassens, eine Ernährung, die - wenn nicht Rechtfertigung - doch wenigstens eine Erklärung benötigt, die gleichzeitig als Anleitung dient. In Robinsons Monstermachwerk nehmen diese Erklärungen und Anleitungen die ersten 33 Seiten ein. Es ist also eine recht angenehmer Umfang, der auf Informationen entfällt. Der Mediziner Barnard darf auch hier ein Vorwort schreiben.
"Vegan Basics" nennt sich dann der Teil, der anfängt mit einer Erklärung, was Veganismus ist, und welche Gedanken dahinterstecken (kurz und knapp formuliert in zwei Seiten), kommt Robinson auf eine "Healthy Vegan Diet" zu sprechen. (Mit "Diet" meint Robinson nicht "Diät" sondern "Ernährungsform")
Hier geht Robinson vor allem auf gewisse Stoffe ein, die dem Veganer gemäss Mainstreamideen fehlen: Aminosäuren, Eiweiss, Kalzium, Eisen. Robinson erwähnt auch B12: B12 sei in vielen angereicherten Produkten bereits enthalten sei (zb. Säften), und dass der Mensch relativ wenig davon brauche. Ihre Schlussfolgerung lautet, dass man sich also keine Sorgen mache müsse. Sie geht hier nicht unbedingt in die "Pflanzen enthalten B12"-Falle, aber ihre Schlussfolgerung bedingt, dass man genügend Produkte zu sich nimmt, denen künstlich B12 zugesetzt wurde. Das ist nicht in jedem Falle so, und viele Veganer legen ja auch Wert drauf, solche verarbeiteten Produkte wegzulassen.
(Anmerkung 2016: Es kann auch sein, dass in den USA sehr viel mehr Convenience Food mit B12 angereichert wird. Wenn dies der Fall sein sollte, in Kombination mit dem Fakt, dass in den USA mehr Convenience Food und angereicherte Produkte konsumiert werden, kann diese Aussage durchaus vorsichtig als zutreffend beschrieben werden. Für europäische Leser muss gesagt werden, dass eine ausreichende Zufuhr von B12 durch Lebensmittel meistens nicht gegeben ist, und dass es auf jeden Fall ratsam ist, B12 zu supplementieren.)

Angenehm ist es, dass die einzelnen Hinweise höchstens einen Abschnitt lang sind. Auch hier würde ich sagen, hält sich Robinson an das Credo: In der Kürze liegt die Würze. Vier Seiten zu generellen Infos und der vegane Ernährung finde ich sehr angenehm von der Länge her. Gemessen daran, dass das Buch derart dick ist, hätte man auch noch etwas mehr schreiben können. Die restlichen Seiten sind - wie der Kapitelname schon sagt - vegane Basics. Wie ersetzte ich Eier, Fleisch, Butter, Milch, welche Basics braucht's für die vegane Ernährung, wie sollte sich ein Vorratschrank gestalten, wie zur Hölle bereitet man eigentlich Tofu zu?
Besonders toll finde ich die Auflistung verschiedener Mehlsorten, von Getreidemehlen bis hin zu Sojamehlen ist hier alles dabei, auch die verschiedenen amerikanischen Bezeichnungen wie bsp. "Unbleached all-purpose flour", so dass der unwissende Europäer nachschlagen kann, welches europäische Produkt dem am ehesten entspricht.
Die 400 Rezepte, die das Buch bietet, gliedern sich wie in keinem anderen Rezeptbuch in entsprechende Kapitel. Es sind fast 20 Kapitel, was ich als sehr angenehm empfinde. Das bedeutet, dass es für kein Kapitel mehr als 30 Rezepte gibt. Was die Vielfalt angeht, kann man sagen, dass Robertson wirklich umfassend alle möglichen Ereignisse und Tageszeiträume mit ihren unterschiedlichen Essritualen und Gewohnheiten abdeckt. Angenehm finde ich, dass die Desserts nicht soviel Platz einnehmen. Ein Kapitel mit ungefähr 25 Rezepten finde ich angemessen.
Kapitel umfassen einerseits z.b. Essen für Eventualitäten (Häppchen, Rezepte zum Grillen), oder eine bestimmte Mahlzeitenart (Suppen, Salate), manchmal steht aber auch eine Nahrungsmittelkategorie im Mittelpunkt (Brote, Pizzen, Hülsenfrüchte). Man findet eine Menge Basic-Rezepte, sogar bis hin zu drei Sorten Gemüsebrühe, die man selber machen kann. Das überrascht nicht wirklich, ist das Buch doch wirklich sehr, sehr umfassend. Gemessen an der Gesamtmenge der Rezepte nehmen die Basics eine angemessene Zahl Rezepte für sich ein. Gerade so, dass man alles weiss, was man wissen sollte, aber nicht so, dass man das Gefühl hat, mit Basics wurde die Rezeptzahl hochgepusht. (Dann schon eher mit den umfangreichen Getränk"rezepten" am Ende des Buches.)
Hinweise bezüglich Soja- oder Glutenfreiheit oder sonstige Indikatoren zur Sortierung der Rezepte abseits der Kapitel fehlen allerdings komplett. Mir macht das nicht viel aus, aber ich weiss, dass das durchaus Kategorien sein können für andere begeisterte Köche.

Hummus-Indikator: Ein Hummus-Rezept auf 400 Rezepte - mehr als verzeihbar! Dafür gibts noch den Baba-Ghanoush- und den Guacamole Zusatzpunkt. Es könnte vermutlich gar nicht anders gehen bei so einem Monsterbuch.


Umsetzbarkeit, Zutaten und Aufwand
So schlicht das Buch daherkommt, so schlicht ist auch ein Grossteil der Rezepte. Generell werden sehr selten Zutaten verwendet, die man nur schwer besorgen kann (oder wenn, werden Alternativen angegeben). Die ab und an erfolgte Einsetzung von Fertigprodukten wie Sojawürstchen kann man da gut verzeihen, man muss annehmen, dass solche Produkte im Amiland einfach viel verbreiteter sind.
Für dieses Kochbuch war ich kein einziges Mal am Suchen, kein einziges Mal habe ich ein Rezept überspringen müssen, weil eine Zutat nicht erhältlich war. Die Rezepte sind auch generell gut beschrieben. Ich habe kein einziges Mal notiert, dass ein Rezept gar nicht aufgegangen ist, oder dass Zutaten in den Arbeitschritten vergessen gehen, dass Dinge nicht funktionieren und so weiter. Bei dieser Riesenfülle an Rezepten ist das ein Zeichen für eine wirklich gute Redaktion bzw. ein sehr gutes Lektorat, und auch eine fundierte Köchin, von der die Rezepte stammen.
Generell verwendet Robertson eher wenige Zutaten. Die Zutatenliste ist selten länger als 10 Zutaten, bietet oft auch Alternativen oder die Möglichkeit, Dinge zu ersetzen oder wegzulassen. Das macht die Rezepte sehr angenehm nachzukochen und führt auch dazu, dass die Rezepte zeitlich selten länger als 30 bis 40 Minuten brauchen. Vieles ist schnell nachgekocht und schmackhafte, solide Kost.

Ein Kritipunkt an dieser Schlichtheit umfasst die deutlich nicht ausreichende Würze. Das ist der Nachteil an dieser tollen Umsetzbarkeit. Viele Rezepte sind in ihrer Originalform zumindest für meinen Gaumen relativ fade. Die Rezepte bieten also eine Basis, die man je nach Geschmack noch ergänzen kann und in vielen Fällen auch muss.

Robertson kocht in den meisten Fällen für vier Personen, bei Aufstrichen oder dergleichen meistens "2 Cups". Hier punktet Robertson. Leider vermisst ein Hobbykoch zurecht übersichtliche Zeitangaben - ein dicker Minuspunkt.
Generell lässt sich das Buch sehr gut als Kochbuch für Anfänger bezeichnen. Und hier meine ich nicht Anfänger der veganen Küche, sondern generell Kochanfänger. Die Anweisungen sind klar und deutlich, nicht überladen, die Zutatenlisten übersichtlich und die Rezepte sind eher auf der einfacheren Seite gehalten. Ich würde dieses Buch als Geschenk für solche Empfänger durchaus in Betracht ziehen (man muss natürlich Englisch beherrschen.)

Nachgekochte Rezepte

Dieses Kochbuch ist vermutlich das Kochbuch, aus dem ich am meisten nachgekocht habe. Bei 400 Rezepten ist das aber auch kein Wunder. Bereits vor meiner Kochbuchchallenge hatte ich einiges nachgekocht, ein paar Sachen vor allem für das Weihnachtsbuffet bei meiner Oma 2012. Auch 2013 habe ich einiges beigesteuert. Die Sachen sind wirklich praktisch. Ich habe mich - aufgrund meiner Weight-Watchers-Karriere - eher auf die herzhaften und fettarmen Sachen beschränkt, und die Dessertkategorie z.B. vollständig weggelassen. Dennoch konnte ich aus fast jedem Kapitel irgendetwas austesten, was mich wirklich gefreut hat.
Die Rezepte, die ich getestet habe, haben grösstenteils ein "Gut" in meiner Bewertung erhalten, ab und an auch ein "Okay" (Note 3 von 5). Das ist vermutlich der Vor- und Nachteil von Robertsons Buch an sich: Einerseits sind die Rezepte solide und schmackhaft, aber andererseits auch - gerade wegen der fehlenden Würze teilweise - ein wenig zu solide und zu einfach. Mir hat oft der letzte Pepp gefehlt, der ein Rezept über alle anderen gehoben hätte. So fällt es mir auch schwer, ein deutliches Lieblingsrezept zu bestimmen.

Vegan Planet ist ein solides Grundlagenbuch. Wer nicht viel Geld hat, und ein gutes Buch sucht, dass fast alle Bereiche des Lebens abdeckt, ist mit diesem Buch sehr gut beraten. Man muss einfach wagen, den Gewürzschrank noch etwas mehr aufzumachen und die Rezepte auch ein wenig zu ergänzen oder abzuwandeln. Wer allerdings hochstehende, fancy vegane Küche erwartet, der ist bei Robertson falsch.

Lieblingsrezept: Kein spezifisches Rezept - aber dafür die Kombo aus Bohnen und Salbei, die ich bisher nicht kannte, die mir aber sehr gut gemundet hat.


Fazit
Solides, sehr umfassendes Kochbuch - Vegane Rezepte für alle möglichen (und unmöglichen Situationen). Hier findet jeder fast alles, was das Herz begehrt. Eine sehr gute Basis für eine vegane Kochbuchbibliothek. Die Rezepte sind manchmal allerdings etwas zu schlicht und lassen an Finesse fehlen. Deswegen bekommt das Buch von mir vier von fünf Sternen!
Nachtrag 2016: Mittlerweile bin ich im Besitz vion einigen Kochbüchern mehr. Die relativ fade Zubereitung vieler von Robinsons Rezepten bewegt mich, aus der heutigen Perspektive einen Abzug zu machen, und mein Rating dieses Buches von 4 auf 3 herunterzustufen. Würze ist nun einmal ein Qualitätsmerkmal und ein Zeichen, dass eine Köchin etwas von ihrem Fach oder von ihrem Hobby versteht.

Cheers!
Rose

Getestete Rezepte
Spinach-Mushroom Phyllo Triangles; Lemon Risotto with Peas and Scallions; Tahini Rotini with Broccoli and Lemon; Marjoram-Scented Artichocke and Chickpea Stew; Rustic Peasant Loaf with Black Olives and Sun-Dried Tomatoes; Gazpacho verde; Szechuan Hot and Sour Soup; Lentil Soup with Chard and Orzo; Thyme-Scented Wild Mushroom Bisque; Winter-Vegetable Bisque; Sassy Vegetable Gumbo; Ribollita; Barley Soup with Porcinis and Dill; Gold and Black Bean Salad; Asian Cole Slaw; Springy Tarragon Pasta Salad with Roasted Asparagus and Baked Tofu; Cumin-Spiced Wagon Wheels with Jalapeno Pesto; Black Bean Sauce with Jalapenos and Cilantro; Barley Risotto with Wild Mushrooms and Fresh Herbs;Saffron Couscous Cake with Spring Vegetable Sauté; Quinoa and Pan-Fried Corn with Orange Zest and Chives; Brown Rice and Chickpeas with Broccoli Rabe; Linguine and Oyster Mushrooms with Gremolata; Tuscan-Style Pasta with Chickpeas, Zucchini, and Rosemary; Fettucine with Red Lentil Sauce; Linguine with Sage and White Bean Sauce; Three-Flavor Pancit; Tofu and Vegetable Lo Mein; Buckwheat with Buttons and Bow Ties; Middle Eastern Lentils and Rice with Caramelized Shallots; Tuscan White Beans with Garlic and Sage; White Bean Cassoulet; Mediterranean Bean Ragout; Wheat-Meat Stroganoff; Tempeh Goulash; Tempeh and Red Bean Jambalaya with Chipotle Chiles; Tofu Vindaloo; Very Veggie Chili; Roasted Root Vegetable Chili; Anasazi Chili with Quinoa; Orange and Thyme-Scented White Bean and "Sausage" Chili; Shredded Seitan with Green Beans and Shallots; Mushroom-Soy Pastitsio; Tomato-Simmered Cabbage Packets Stuffed with Barley and Tempeh; Polenta-Stuffed Red Bell Peppers; Great Grain and Vegetable Burgers; Cool Cucumber Soup with Cilantro and Lime; Penne Puttanesca; Pappardelle Cacciatore; Curried Lentils with Carrots and Peas; West Coast Chili;  Potato Bread with Chives

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