Sonntag, 21. August 2016

Bullshitfreie Kochbuchrezension: "Kick it vegan" - Lauber (Vol. 10)

Zurzeit warten bei mir vier Kochbücher darauf, rezensiert zu werden. Ilja Lauber's „Kick it vegan!“ wartet schon am längsten. Deswegen gehts dem Buch heute an den Kragen wird das Buch heute rezensiert. ;)
Hinweis bereits am Anfang: Das Buch habe ich mir auf die Empfehlung der Autorin hin besorgt (aber selber gekauft!) Ich bin auf Facebook mit der Autorin befreundet und stehe ab und an in Kontakt mit ihr. Ich denke nicht, dass das meine Rezension beeinflusst, aber möchte es der Transparenz halber bereits eingangs erwähnt haben.

Generelle Infos
"Kick it vegan! - Fit werden mit 130 Power-Rezepten"
Autorin: Ilja Lauber
Erscheinungsdatum: 2014 (1. Auflage)
Preis: ca. 20 Euro
Sprache: Deutsch
Verlag: Neunzehn

Grafik, Design und generelles Aussehen
„Kick it vegan!“ ist ein solider Wälzer. Im Format grösser als A4, fast zwei Zentimeter breit und mehr als ein Kilogramm schwer ist es nicht unbedingt für das Reisegepäck oder die Handtasche geeignet. In der heimischen Küche macht es sich aber trotz der Grösse und dem Hardcover gut. Die Seiten fallen vielleicht gerade dank ihrem Eigengewicht schön zur Seite, wenn man das Buch offen aufschlägt, selbst bei den ersten oder letzten paar Seiten. Das Kochbuch hat zudem ein Leseband, mit dem man die aktuelle Seite markieren kann – etwas, das bisher keines meiner Kochbücher hat. „Kick it vegan“ ist generell von hoher Qualität: Die Seiten sind alle im Hochglanz gedruckt, der Einband hält die Seiten nach intensiver Benutzung und einem Umzug immer noch fest, und hat zudem noch nicht einmal eine Delle. Das Preis-Leistungsverhältnis erfüllt „Kick it vegan“ in diesem Bereich auf jeden Fall.

Im Buch wird ein recht klares, unaufgeregtes Design verwendet. Der Titel des Rezepts ist in einer Farbe gehalten, zum Beispiel Braun oder Grün. Für einzelne weitere Elemente des Rezeptes wird dieselbe Farbe erneut verwendet, zb. für das Wort „Zutaten“, oder die Umrandung der Nährwerttabellen. Für ein Rezept wird eine Farbe gewählt. Es dominiert grün, orange, braun und blau. Der restliche Text ist in Schwarz gehalten. Diese einzelnen dezenten Farbtupfer machen das Lesen sehr angenehm, da sie auch eine visuelle Orientierung ermöglichen. Das Auge weiss, wohin es schauen muss, um die Zutatenliste zu erkennen. Die gewählte Schrift ist ohne viele Schnörkel und gut lesbar. Dies trägt zum generellen Eindruck von hoher Qualität bei.  

Ich habe nicht genau nachgezählt, aber ich schätze, dass mindestens drei Viertel der gut 130 Rezepte im Buch mit einer Farbfotografie des Gerichtes illustriert sind. Die Fotos sind grafisch und von der Präsentation der Gerichte her von hoher Qualität, aber auch Schlichtheit, was mich persönlich sehr anspricht. Das Endresultat, das Gericht, steht im Vordergrund, nicht irgendwelche essbaren Blüten, ausgepresste Zitronenhälften oder von oben herab fliegende gehackte Kräuter, wie es irgendwie zunehmend in Foodblogs und Kochbüchern der Fall ist. 
Fotos finden sich auch im inhaltlichen Teil. Wir dürfen die Autorin beim Sporteln bewundern. Man merkt, dass Lauber Fitness, Körperkraft und Ausdauer schätzt. Auf Nahaufnahmen ihrer Muskeln oder der obligate Bizeps-Flex-Klimmzug-Liegestütz-Fotoshoot nach Art gewisser anderer Fitness-Veganismus-Gurus wird glücklicherweise verzichtet. Das trägt zur unaufgeregten, unangeberischen, aber doch überzeugten Message bei, die das Buch vermitteln möchte.

Die Rezepte sind nach einem klaren Schema aufgebaut. Unter dem fett gedruckten Titel findet man die „Labels“. Lauber geht hierbei um einiges detaillierter vor als jedes Kochbuch, dass ich bisher in meinen Händen gehalten habe. Neben den relativ üblichen Labels wie „soyfree“ oder „glutenfree“ finden sich auch Labels wie „highKCAL“ oder „PROT“. Da sich das Kochbuch an eine ganze Reihe verschiedener Ess- und Sportkonzepte richtet, ist dies nachvollziehbar. Manche Rezepte haben mehr als sechs Labels, was teilweise etwas unübersichtlich wirkt. Für alle Rezepte gibt es allerdings neben dem alphabetischen Index auch noch einen Index mit tabellarischer Ausführung der Labels. So sieht man, welche Rezepte welche Kriterien erfüllen. 

Unterhalb der Labels findet sich eine kurze Ausführung der Autorin zum Rezept, beispielsweise woher die Inspiration für das Rezept stammte, oder eine Ausführung zu einer bestimmten Zutat. Die Ausführungen sind selten länger als zwei Sätze, geben den Rezepten aber auch einen angenehm persönlichen Touch. 
Danach folgt auch schon das konkrete Rezept. Grafisch werden dabei zwei Spalten verwendet: Eine schmalere, rechtsbündige Spalte auf der linken Seite gibt Informationen darüber, mit welchen Küchengeräten gearbeitet wird und wie viele Portionen am Ende erwartet werden können. Darunter findet sich die Auflistung der benötigten Zutaten. Falls ein Gericht mehrere Komponenten hat, werden die Zutaten der einzelnen Komponenten grafisch voneinander getrennt. Dies hilft, den Überblick zu bewahren. 
Unter den Zutaten findet sich eine tabellarische Auflistung der Nährwerte und die Angaben zu Fett, Kohlenhydrate und Eiweisse. Genial ist hierbei, dass hier nicht nur die Angaben pro Portion genannt werden, sondern auch pro gesamte Endmenge, und pro 100 Gramm! Das ist echt vernünftig, gerade auch, wenn man nicht eine ganze Portion essen will oder konnte, oder wenn noch ein Nachschlag auf dem Teller landet. Wer seine Kalorien und/oder Makros notiert, der dürfte sich an diesen Angaben sehr erfreuen.

Inhalt
„Kick it vegan“ ist nicht nur ein Kochbuch. Es nur als Kochbuch zu behandeln, wäre dementsprechend falsch, denn ein guter Drittel der Seiten behandeln nicht direkt Rezepte. In diesem Sinne ähnelt die Aufmachung des Buches ein wenig dem Buch von Alicia Silverstone, das ich hier bereits auch schon rezensiert habe. Der Unterschied? „Kick it vegan“ ist alles andere als Bullshit. 

Der Untertitel des Buches lautet „Fit werden mit 130 Power-Rezepten“. Wer nun annimmt, dass das Buch ein Hildmann-Diätabklatsch ist, der liegt ziemlich daneben, denn „Kick it vegan“ will nicht einfach nur Menschen ansprechen, die abnehmen wollen. „Kick it vegan“ will aber auch nicht einfach nur vegane Rezepte liefern. „Kick it vegan“ richtet sich auch nicht nur an Pro-Bodybuilder, die 150g Protein am Tag zu sich nehmen. „Kick it vegan“ möchte sich an eine breite Masse an Leuten wenden, die unterschiedliche Ziele haben. Es geht um den Körper und es geht darum, seinen Körper vegan zu ernähren. Das ist aber auch schon die einzige konsequente Konstante im Buch. Das Buch soll weniger dazu dienen, Ernährungspläne vorgefertigt zu liefern, sondern eher dazu, dass man sich seinen eigenen, auf seine eigene Situation angepassten Ernährungsplan herstellen kann. Und selbstverständlich kann das ganze Sport-Makro-Nährstoff-Fitness-Gesundheits-Getexte am Anfang auch übersprungen werden, um nur die Rezepte zu geniessen. In diesem Sinne ist das Buch also eine Art Setzkasten. Dies erklärt auch das ausführliche „Label“-System, das ich oben schon erwähnt habe. Die ganzen Labels dienen dazu, sich zurechtzufinden, welches Rezept sich nun für die Art Ernährung eignet, die einem gerade vorschwebt.
Du willst mehr Protein? Schau dir die HighPROT-Rezepte an. Du willst bulken/zunehmen? Such dir die HighKcal-Rezepte raus. Abnehmen? Wie wärs mit den LowKCAL- in Kombination mit den „fiber“-Rezepten? Du bist ein armer Student? Kombiniere „cheap“ mit HighKcal!

Ideen und Labelzuweisung für Personen, denen es schwer fällt, oft/viel zu essen (S. 103)
So ein Multitalent an Kochbuch braucht auch einiges an Einführung. Bevor Lauber mit den Rezepten im vierten Teil anfängt, führt sie in mehreren Kapiteln in drei Teilen aus, was die Idee hinter dem Buch ist, was sie so antreibt und wer möglicherweise zur Zielgruppe das Buches gehört. Sympathisch ist hier, dass Lauber zwar schreibt, dass das Buch schon für Sportfreaks gedacht ist (oder solche, die es werden wollen), aber dass man auch bei anderen Motivationen hier Inspirationen finden kann. Desweiteren führt sie aus, was man „bekommt“ (nämlich Rezepte vorwiegend gedacht für verschiedene Arten Sportler), aber auch, was man nicht bekommt (zb. Diätkonzepte mit Abnehmgarantien usw.)

Im zweiten Teil „Warm up“ darf die Motivation hinter veganer Ernährung nicht fehlen. Erfrischend ist hier, dass gesunde, vegane Ernährung zwar im Vordergrund des Buches steht – die Hauptmotivation, vegan zu sein oder sich öfters vegan zu ernähren, ist aber hauptsächlich ethisch/moralisch und teilweise ökologisch, aber nicht gesundheitlich begründet. Lauber geht sogar davon aus, dass „Schönheit“ und „Fitness“ nur begrenzt geeignete Gründe sind, sich vegan zu ernähren. Veganismus sei auch „kein universelles Wunderheilmittel“ (S. 16). Fragwürdige Argumente wie „der Mensch hat sich immer schon vegan ernährt“ werden ebenso entkräftet wie das Argument der „Natürlichkeit“. Meines Erachtens nach gelingt es Lauber hier gut, die Vorteile von Sport und Fitness, die grundsätzlich für jeden Menschen erstrebenswert sein können, neutral und nicht verknüpft mit den Vorteilen und Motivationen des Veganismus' zu präsentieren. Sport ist gut, Veganismus ist gut, aber weder ist Sport ein Bestandteil von Veganismus, noch kann man Fitness und Sport nur mit Veganismus erreichen. Diese Haltung zieht sich durch das ganze Buch, was es zu einer guten, bullshitfreien Ressource für sportbegeisterte oder -interessierte Veganer, oder veganismusinteressierte Sportler macht.

In den folgenden Abschnitten behandelt das Buch alle möglichen Aspekte von Sport, Ernährung, Makro- und Mikronährstoffen, „Clean-Eating“ und so weiter. An dieser Stelle wäre es unmöglich, alles aufzuführen und zu kritisieren. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass die Informationen, die der Leser erhält, wissenschaftlich korrekt sind. Im kleinen „Vegan-1x1“ wird korrekt informiert, dass es keine Zauberei ist, sich ausgewogen vegan zu ernähren, dass man aber auch nicht blindlings einfach loslegen sollte, sondern sich ein gewisses Grundwissen erarbeiten soll. Dazu gehört auch die B12-Supplementierung mit regelmässigen Bluttests. Lauber erklärt dem Leser hier sogar den Unterschied zwischen Holo-TC und Homocystein-Tests beim Arzt, und warum es eben wichtig ist, nicht nur den Blutwert zu bestimmen. (Und wir befinden uns erst auf S. 19!)
Beachtenswert ist zudem, wie die Autorin mit dem Thema „gesunde Ernährung“ umgeht. Sie sagt selber, dass sie das Wort „gesund“ nicht so mag, und verwendet lieber den Begriff „Clean Eating“. Auch dieser Begriff ist mittlerweile ideologisch recht aufgeladen. Lauber umgeht das Problem insofern, dass sie sich klar gegen „Glaubenskirchen“ - sprich Diät- und Ernährungsideologien – ausspricht, aber auch, indem sie ihre Vorstellung von „Clean Eating“ klar definiert. Der Fokus liegt auf einer guten Versorgung mit Nährstoffen und mit Lebensmitteln, die einem die Art von Energie geben, die man für das eigene (sportliche) Ziel benötigt. Die Prämissen seien „Frisch“, „Primär“ und „Vielseitig“ - aber gleichzeitig wird nichts per se als „gut“ oder „schlecht“ eingestuft. Wer sich wegen einem konsumierten Nahrungsmittel gleich geisselt, der mache niemandem und schon gar nicht sich selber eine Freude.
Nur an wenigen Stellen ist die Wortwahl oder Satzformulierung etwas gewagt, wie beispielsweise beim Wort „Chemiebaukasten“ (S. 25) oder bei der Erwähnung von „gentechnisch veränderten Mikroorganismen“ ohne weiteren Kontext. Alles in allem ist dieser Abschnitt über „Clean Eating“ ist einer der grundsätzlich besten sowie auch wissenschaftlich fundiertesten, die ich von veganen Autoren gelesen habe.

Nach dem Bereich über Clean Eating folgt ein Abschnitt über Bio-Lebensmittel. Auch wenn die Autorin hier einige positive Punkte anspricht, hat mich dieser Abschnitt im Buch am meisten gestört, denn er erschien mir am wenigsten fundiert bzw. hinterfragt. Klar ist Demeter mal grundsätzlich ein Biolabel. Das für Demeter die Viehhaltung aber Pflicht ist und dass dort esoterische Praktiken (wie das Vergraben von Kuhhörnern) Pflicht ist, macht das Label für mich alles andere als vegan. Zudem stehen wir beim Biolandbau auch vor der grossen Problematik, dass zwar einerseits teilweise umweltschonender gepflanzt wird, andererseits ist Bio-Landbau deswegen problematischer, weil der Ertrag grundsätzlich niedriger ist, und weil eine teilweise unwissenschaftliche Anti-GMO-Haltung kombiniert mit naturalistischen Fehlschlüssen die Gesetz- und Richtliniengebung in diesem Bereich prägt. Da hätte ich mir noch eine deutlich differenziertere Auseinandersetzung gewünscht.

Das ist dann aber auch der einzige relevante Kritikpunkt am Informationsteil von „Kick it vegan“, und auch ein wenig die Suche nach der Nadel im Heuhaufen oder dem Haar in der Suppe. Die Informationen, die der Leser bekommt, sind grundsätzlich von hoher Qualität, wissenschaftlich fundiert, frei von Logikfehlern und sie werden undogmatisch und relaxt präsentiert. Die Teile über Ernährung, deren Bestandteile und die Funktionsweise unseres Körpers sind informativ und erhellend für Leute, die bisher im Biologieunterricht nicht aufgepasst haben (oder schlechte Lehrpersonen hatten). Grundsätzlich wird hier ein sehr guter Grundstein gelegt für den Einstieg oder eine Vertiefung in eine ausgewogene und reichhaltig-gesunde vegane Ernährung, oder eine auf die eigenen körperlichen oder sportlichen Ziele und Wünsche zugeschnittene Ernährung. Und wer nicht weiss, wie man überhaupt mit dieser Art Ernährung startet, für den hält Lauber eine ausführliche Auflistung an benötigten und speziellen Küchengeräten, Empfehlungen für den veganen Vorratschrank und eine detaillierte Warenkunde bereit. So kann's losgehen mit der veganen Powerküche!

Zu den Rezepten
Das Buch enthält mehr als 130 Rezepte, die in verschiedene Kategorien gegliedert sind. Bevor der Leser die Rezepte entdecken darf, führt eine ausführliche Legende in die unterschiedlichen Kategorien der Labels ein und erklärt, was damit genau gemeint ist.
Dann wird gestartet mit den „Basics“. Hier findet man Klassiker wie ein Seitanrezept, aber auch ungewöhnliches wie beispielsweise die Methode, Hülsenfrüchte einzukochen, oder Sojasahne selber herzustellen. Es sind also wirklich die Basics der Basics, und weniger eine Veganisierung von omnivoren Standardrezepten. Auch wenn ich das Rezept nicht probiert habe, fand ich es erfrischend, endlich mal ein Rezept für diesen ominösen „Hefeschmelz“ zu finden, von dem ich überall gelesen hatte, aber keine Ahnung hatte, wie man den herstellen soll.
Desweiteren folgen die Kategorien „Suppen und Salate“, gefolgt von den „Hauptgerichten“. Hier finden sich Sachen wie Burger und Pizza, aber auch klassische Beilagen wie „Ofengemüse“, die allerdings im Labelsystem durchaus auch als Hauptgericht gedacht sind. In der nächsten Kategorie finden sich „Snacks und Beilagen“. Hier hatte ich den Eindruck, dass auch einige klassische Frühstücksgerichte darin zu finden sind wie beispielsweise Rezepte zum Herstellen eigener Knuspermüslimischungen, oder ein überaus leckeres Buchweizenporridge.
In der Kategorie „Sweets und Desserts“ findet sich alles für den süssen Zahn. Auch hier erfüllt Lauber das Versprechen, Süssigkeiten für verschiedene Ernährungsformen zu präsentieren. Ein grosser Teil der Rezepte sind beispielsweise für Desserts unüblich reich an Proteinen oder arm an Kohlenhydraten.
Im nächsten Kapitel „Aufstriche und Dips“ findet sich alles für das süsse oder salzige Bestreichen des Brotes (oder Dippen, oder was auch immer). Vom klassischen Hummus, über einer weissen Schokoladencreme bis hin zu einem Tempeh-Paté findet sich für jeden Geschmack etwas.
In einem Buch, dass sich vor allem an Sportler richtet, darf die Kategorie „Drinks und Shakes“ natürlich nicht fehlen: Neben dem klassischen grünen Smoothie kann man eine Vanillemilch, ein Mango-Lassi oder auch eine „SteCola“ schlürfen und geniessen.

Die Inspiration für die Rezepte sind vielfältig – es scheint, als kämen Sachen aus der ganzen Welt zusammen, aber auch veganisierte Rezepte von der deutschen Grossmama dürfen nicht fehlen. Für den durchschnittlich-mitteleuropäischen Gaumen dürfte eine grosse Auswahl vorhanden sein.

Bei vielen Rezepten werden nach den Arbeitsschritten auch noch Variationen oder „Tuning“-Varianten aufgelistet. Wer ein niedrigkalorisches Rezept zubereitet, der bekommt also in vielen Fällen beispielsweise noch Optionen aufgelistet, wie man mehr Proteine oder mehr Kalorien zufügen könnte. Umgekehrt konnte ich einige Rezepte, die hochkalorisch waren, noch etwas runterschrauben in der Gesamtkalorienzahl. Auch Allergikern werden hier manchmal Optionen geboten, ein Gericht mit einfachen Veränderungen zum Beispiel sojafrei zu machen. Dies erhöht die Chance, dass man sich in mehr Gerichten „wiederfindet“ und sie nachkochen will.

Hummus-Indikator: Dingdong! :P (Ein bisschen erinnert mich der Chia-Kaviar zudem an die Instagram-gehypten Chia-Marmeladen. Aber ich lass das mal durchgehen!)

Umsetzbarkeit, Zutaten und Aufwand
Eines der heikleren Basic-Rezepte, das Sojajoghurt, hat bei mir nicht funktioniert. Da vermute ich aber, dass der Fehler bei mir liegt. Lauber schreibt auch, dass einiges schiefgehen kann. In meinem Fall kam leider kein Sojajoghurt, sondern eine Fäden ziehende schleimige Pampe raus. Da wollten die guten Bakterien nicht wirklich. Abgesehen von diesem Rezept war die Umsetzbarkeit der Rezepte grundsätzlich gut. Die Arbeitsschritte waren nachvollziehbar, machten Sinn, und gemäss meinen Notizen habe ich auch keine grösseren Unklarheiten bemerkt.
Einzig bei der Dosierung von Stevia hätte ich mir eine andere Angabe als „DL“ (Dosierlöffel) gewünscht. Erstens kommt kein Stevia in der Schweiz mit einem Dosierlöffel, zweitens könnten Dosierlöffel ja unterschiedlich gross sein. (Addendum: Die Dosierung wird im vorbereitenden Teil angegeben. Dies habe ich überlesen. Damit fällt der Kritikpunkt weg.)

Der Aufwand hält sich bei den meisten Rezepten in einem angemessenen Rahmen. Gerade die Snacks, Aufstriche und Getränke sind in vielen Fällen sehr rasch zusammenmix- und -mischbar. Leider fehlen bei den Rezepten übersichtlich dargestellte Zeitangaben, die ich grundsätzlich in Kochbüchern als Dienst am Leser sehr schätze.

Die verwendeten Zutaten sind mittelschwer besorgbar. Ein Grossteil ist im durchschnittlichen Supermarkt erhältlich. Für einige Sachen muss man sicherlich einen Bioladen oder ein Reformhaus bemühen, beispielsweise für Sojamehl oder Seitan fix, für Lupinenmehl, Stevia und das sehr oft verwendete Erythrit oder auch Kichererbsenmehl. Wer keinen dieser Läden in der unmittelbaren Umgebung hat, oder aus diversen Gründen solche Zutaten auch nicht online bestellen kann, der muss sich bei einigen Rezepten Varianten überlegen.
Einige Rezepte verwenden zudem veganes Proteinpulver. Wer zuhause nicht schon einen (geschmacksneutralen!) Favoriten hat, könnte hier auch noch in die eine oder andere Ausprobier-Falle treten. Ich selber habe mich noch nicht an Proteinpulver herangewagt, aber schon gehört, dass das sehr geschmacksabhängig sind.
Als Schweizerin habe ich noch einen etwas anderen Blick auf Zutatenlisten von Kochbüchern von deutschen Autoren. Einige Sachen bekommt man so in der Schweiz nicht. Grünkohl lässt sich beispielsweise nur frisch kaufen (wenn überhaupt), und nicht in Gläsern. Wenn man eine Pilzmischung im Tiefkühlabteil des Supermarktes findet, ist es selten eine „Asiapilzmischung“. Und „Bratfischgewürz“ ist auch etwas sehr deutsches. Mit ein bisschen Recherche und Abwandlungen kriegt man das aber auch hin. (Ich habe beispielsweise vergebens nach Erythrit Ausschau gehalten, und schliesslich beschlossen, einfach Stevia zu verwenden, oder es ganz wegzulassen.)

Nachgekochte Rezepte
Ich habe im Jahr 2014 und 2015 insgesamt 31 Rezepte aus „Kick it vegan“ nachgekocht. Grundsätzlich ernähre ich mich eher mit wenig Fett und mit Nahrungsmitteln von geringer Energiedichte, da ich übergewichtig bin und eher abnehmen möchte. Aus diesem Grund habe ich mich vor allem an Rezepte mit den Labels „LowKcal“ oder „LowFat“ gehalten. Gehalten habe ich mich vor allem an Rezepte aus den Bereichen der Suppen und Salate, Hauptspeisen und Beilagen. Basics habe ich nur wenige ausprobiert, ebenso kaum Aufstriche und Dips. Die meisten Aufstriche waren süss, und ich bin eher die salzige Brötchenbeschmiererin. Dazu kommt, dass einige Kategorien für meinen Ernährungsstil besser geeignet waren als andere. Die Rezepte bei den Suppen und Salaten sind fast alle niedrigkalorisch, während die Aufstriche und Dips fast alle hochkalorisch sind. Grundsätzlich zeigt sich da ein wenig das Problem bei der grossartigen Vielfalt und dem Wunsch der Autorin, Rezepte für alle möglichen Ernährungsstile zu liefern: Wer sich versucht, nach einem gewissen Stil zu ernähren, in meinem Falle kalorien- und fettarm, dem entgehen einige toll aussehende leckere Rezepte, die für den genau entgegengesetzten Ernährungsstil (zb. hochkalorischer Bulk) gedacht sind.
Wer das Buch allerdings einfach als generelle Rezeptequelle sieht, den dürfte das nicht betreffen.

Die Rezepte, die ich ausprobiert habe, habe ich in meiner Rezeptdatenbank alle mit 3-5 von fünf Sternen bewertet. Drei-Sterne-Wertungen waren meistens meinem eigenen Geschmacksempfinden geschuldet. Laubers Rezept für gefüllten Butternusskürbis konnte mich leider nicht von meiner Kürbisphobie kurieren, weshalb ich das Rezept mit drei Sternen bewertet habe. Einer guten Freundin hat es aber hervorragend geschmeckt. In einem einzigen Fall hat ein Rezept nicht so gut geklappt. Beim Rezept mit den Polentaschnitten war meiner Meinung nach zu viel Flüssigkeit auf zu wenig Polentagriess vorhanden.

In fast jedem salzigen Rezept verwendet die Autorin zudem ein wenig Erythrit. Grundsätzlich ist dies nachvollziehbar, gehört es doch zu einer gewissen Küchentradition, dass man zb. zu Salatsossen etwas Zucker hinzugibt, um den Geschmack hervorzuheben. Auch bei süssem Gebäck darf eine Prise Salz nicht fehlen. „Kick it vegan“ ist aber meiner bisherigen Erfahrung nach das einzige Kochbuch, dass diese süsse Komponente dermassen oft einsetzt. Für meine Umsetzung der Rezepte habe ich es grundsätzlich weggelassen. Ich mag Süsses und Salziges gemischt grundsätzlich nicht. Bei manchem schien es mir aber auch schlicht zuviel – so wird zum Beispiel im Sahnegeschnetzelten (S. 182) 3 TL Erythrit hinzugegeben. Die Rezepte haben auf jeden Fall auch ohne Erythrit geschmeckt – und die Autorin und ich werden uns vermutlich noch lange darüber streiten, wie sinnvoll Süsses in Salzigem ist. (Für empfindliche Mägen dürfte es zudem ratsam sein, Erythrit durch regulären Zucker oder andere, besser verträgliche Süssstoffe zu ersetzen. Erythrit kann einen gewissen „laxativen“ Effekt auf das Verdauungssystem haben, je nach Verträglichkeit und konsumierte Menge.)

Lieblingsrezept: Auf jeden Fall der innovative Ofen“Visch“, und das Rühr'ki, mit dem mich die Autorin zum Kichererbsenomelett konvertiert hat. Auch die Spinat-Haferpfanne war genial lecker, und der Karottenshake, innovativ mit Haselnuss drin, hat mich echt überrascht.

Fazit:
„Kick it vegan“ überzeugt mich auf sehr vielen Ebenen. Der ausführliche inhaltliche Teil ist sachlich fundiert und wissenschaftlich akkurat geschrieben. Trotz dem Fokus auf Sport und der Hauptzielgruppe Sportler  vertritt die Autorin die moralisch-ethische und ökologische Begründung des Veganismus und geht sogar soweit zu sagen, dass vegane Ernährung kein Allheilmittel, die vegane Küche nicht automatisch „gesund“ sein muss. Veganismus ist toll, Sport ist toll, man kann beides kombinieren, aber Sport ist weder verpflichtend für den Veganismus, noch ist Veganismus verpflichtend für den Sport. Das ist sehr sympathisch, denn viel zu oft wird man als Veganer mit solchen gesundheitlichen und sportlichen Imperativen bombardiert. In Laubers Schilderungen ihres eigenen Wegs bis hin zur Sportliebhaberin mag ich mich zumindest viel eher identifizieren als in gewissen anderen Schilderungen. „Kick it vegan“ ist mehr als nur ein Kochbuch – und richtet sich auch nicht nur an eine Zielgruppe. Dieses Versprechen erfüllt das Buch vollständig. Das Buch kann sowohl einem Bodybuilder als auch einem Sportmuffel mit Abnehmwünschen geschenkt werden. Die Rezepte sind solide, in den meisten Fällen sehr schmackhaft und gut durchführbar. Die Rezepte sind wie das ganze Buch von hoher Qualität und hohem Informationswert. Und das nur für 20 Euro! Klare Kaufempfehlung mit 5 von 5 Sternen!

Cheers!
Rose


Nachgekochte Gerichte: Sojajoghurt, Tomaten-Kichererbsensalat, Blitz-Bohnensalat, Hirse-Petersiliensuppe, Ohne-Hering-Salat, Asia-Rosenkohl-Salat, Blumenkohlcremesuppe, Seitan-Geschnetzeltes in Erdnusssauce, Butternutkürbis mit Zitrus-Räuchertofufüllung, Hafer-Parika auf griechische Art, Rührki', Protein-Bratspaghetti mit Cashew-Miso-Sauce, Sahnegeschnetzeltes, Kokos-Pilz-Nudelpfanne, Mediterrane Tagliatelle mit Aubergine, KaPü+, Wintereintopf, Spinat-Haferpfanne, Reispfanne mit Gurken und Erdnüssen, No Shepherd's Pie, Polentaschnitten mit Pilzragout, Sahneweisskohl, Rote Linsen mit Sahnesauerkraut, Ofen-Visch, Buchweizen-Birnen-Porridge, Kirsch-Mandel-Eiscreme, Gebackene Bananen im Reispapier, Erdbeer-Hafershake, Mango-Lassi, Karottenshake, Softdrinks: SteCola