Montag, 1. Februar 2016

Bullshitfreie Kochbuchrezension: "Veganomicon" - Romero/Moskovitz (Vol. 1)

Disclaimer: Diese Kochbuchrezension erschien zuerst auf meinem alten Blog Rose-kocht-vegan.blog.de. Blog.de hat den Dienst eingestellt. Ich übernehme die alten Einträge in der nächsten Zeit und nütze die Gelegenheit, einige Rechtschreibfehler zu korrigieren, Angaben zu ergänzen und Formatierungen zu verbessern. Ich habe mir zudem erlaubt, den Titel der Rezensionsreihe etwas zuzuspitzen. Datum des Originaleintrags: 18. August 2014

Wie versprochen starte ich heute mit meiner losen Serie von Kochbuchrezensionen. Als erstes möchte ich mit dem Veganomicon anfangen, weil es meiner Meinung nach seinen Ruf im Amiland als "Vegane Kochbuchbibel" zurecht verdient.
Ich werde in meinen Rezensionen generell nach demselben Muster vorgehen und habe mir dafür schon eine Vorgehensweise überlegt. Es kann aber sein, dass ich später finde, es gehört noch ein weiterer Aspekt in die Rezensionen rein. Fall dem so wäre, würde ich dies natürlich auch bei älteren Rezensionen nacholen.

Gebrauchsspuren inklusive
Let's start!

Generelle Informationen
Veganomicon: The Ultimate Vegan Cookbook
Autoren: Terry Hope Romero, Isa Chandra Moskovitz
Erschienen: Oktober 2007 (Deutsche Ausgabe erhältlich seit 2014)
Preis: Zwischen 15 und 22 Euro
Verlag: Da Capo PR (De: NeunZehnVerlag)
Diese Rezension bezieht sich auf die englische Ausgabe. In meinem Besitz befindet sich das Buch seit April 2012. 


Grafik, Design und generelles Aussehen
Das Buch ist ein Hardcoverbuch mit stabilem Einband. Die Texte sind gut zu lesen, die Schrift ist nicht zu klein. Obwohl es ein Hardcover ist, liegt das Buch auch offen auf dem Tisch, wenn man daraus was nachkocht. Man muss die Seiten also nicht mühsam beschweren. Das Buch ist generell recht gross, grösser als Format A4. Das macht es etwas unhandlich, dafür ist es aber vom Gewicht her nicht so schwer, wie man es bei einem Buch in dieser Grösse vermuten würde.
Das Design ist in Türkis-Blau-Grün-Tönen gehalten, mit gelben Tupfern. Ich finde es sehr angenehm zu lesen. Die Schrift ist einfach und schnörkellos. Tipps und Tricks sind deutlich von den aktuellen Rezepten unterscheidbar, sei es, ob die Infos in speziellen Kästchen zu finden ist, oder ob Tipps oder Hintergrundwissen in kursiver Schrift gesetzt wurde. Die Zutatenliste ist auch sehr gut von den Rezeptanweisungen differenzierbar.
Wie bei fast allen englischsprachigen Kochbüchern wird darauf verzichtet, jedes Bild als Fotografie zu präsentieren,. Stattdessen finden sich in der Mitte des Buchs eine Bildersammlung mit Bildern von ungefähr 25-40 Rezepten (genau nachgezählt habe ich nicht). Das macht das Buch (vermutlich) physisch um einiges leichter, aber es kann auch als Nachteil empfunden werden. Ich persönlich brauche nicht für jedes Rezept ein Bild.
So sieht's aus














Inhalt
Das Veganomicon ist kein "Themen"-Kochbuch - im Gegenteil. Es will einen Grossteil dessen abdecken, was in der (amerikanischen) Alltagsküche Usus ist. Man merkt den Fokus auf die amerikanischen Essgewohnheiten, aber das ist nachvollziehbar - schliesslich ist das Kochbuch von zwei Amerikanierinnen geschrieben, die sich halt auch so ernähren. Moskovitz ist zudem von jüdischer Abstammung, weswegen es auch Rezepte aus der jüdischen Kochtradition beinhaltet. Ein Beispiel hierbei ist der superleckere, deftige Wintereintopf "Cholent", der eines meiner ersten Rezepte war, das ich nachgekocht habe.
Zu Beginn des Buches finden sich allerdings nicht sofort Rezepte. Etwas mehr als 40 Seiten sind Hintergrundinformationen, die ich als Vegane Einsteigerin wirklich sehr nützlich fand. Moskovitz/Romero verzichten dabei, viele Worte über gesundheitliche Vorteile von Veganismus zu verlieren. So tappen die Autorinnen auch nicht in Fehlinformations-Fallen, was sie mir sehr sympatisch machen. Sie geben stattdessen handfeste, praktische Tipps wie:
Was gehört in den veganen Einkaufsschrank?
Welche Utensilien werden benötigt?
Was sind eigentlich besondere Zutaten, die man vielleicht nicht kennt?
Besonders genial fand ich die Angaben darüber, wie und wie lange man alle möglichen Hülsenfrüchte und Getreidesorten kocht, aber auch, welche Gemüse sich für welche Zubereitungsarten eignen, und wie man sie pimpen kann. Ich fand das echt supergut und ich schlage auch heute noch nach. Dank dem Veganomicon ist es mir zum ersten Mal gelungen, Bohnen so zu kochen, dass sie nicht hart waren am Ende (Salz weglassen!)

Die restlichen Seiten sind den Rezepten geschuldet. Die Rezepte sind nach ihren Kategorien im Essens-Alltag geordnet. So beginnt der Rezeptteil z.B. mit einem Kapitel über "Snacks, Appetizers, Little Meals, Dips and Spreads", gefolgt von "Brunch" und "Salads and Dressings". Eine grössere Sektion heisst "Mix and Match", wo zuerst Gemüse-, dann Getreide-, dann Bohnen- und zum Ende Seitan-,Tofu und Tempeh-Rezepte vorgestellt werden. Die Idee wäre wohl, dass man hier beliebig mischt. Es gibt aber auch eine Kategorie zu Salaten, und eine weitere zu besonderen Dressings.
Hierbei geraten die Rezepte manchmal ein wenig in ein gefühltes inhaltliches Chaos, aber sehr ausführliche Indices am Ende des Buches sowie Menüvorschläge helfen darüber hinweg.
Für vegane Einsteiger gibt es auch viele Basic-Rezepte, beispielsweise, wie man Seitan aus Glutenmehl selber herstellt, wie man vegane Mayo macht, und wie man ne Käsesauce für das typisch-amerikanische Gericht Mac'n'Cheeze macht. Im Gegensatz zu vielen anderen Kochbüchern fand ich die Tipps sehr brauchbar und vor allem vollständig. Mittlerweile sehe ich aber auch, dass ich dies vor allem gut fand, weil ich veganer Einsteiger war. Heute nerven mich solche Rezeptsammlungen eigentlich eher ein wenig. Von diesen Grundbasic-Rezeptsammlungen finde ich dasjenige vom Veganomicon aber noch am ehesten akzeptabel, weil es eben sehr ausführlich ist, und zudem passt es in das Gesamtkonzept des Buches - viel besser als bei anderen Büchern.

Generell punktet das Veganomicon durch bunte Symbole, die diverse Kategorien/Kriterien bei einem Rezept übersichtlich angeben. Darunter fallen Hinweise, ob das Gericht Gluten oder Soja enthält, ob es schnell (unter 45 Minuten) zubereitet werden kann, oder ob die Zutaten in normalen Supermärkten zu bekommen sind. Da ich mich weder soja- noch glutenfrei ernähre, war das für mich nicht wirklich ausschlagebend. Es verdient dennoch einen Beachtungs-Bonus, weil das vielen Leuten wichtig ist.

Da man in jedem veganen Kochbuch ein Hummus-Rezept findet, gibts bei jeder Kochbuchrezension auch noch den Hummus-Indikator. Auf eine ironische Art und Weise möchte ich damit andeuten, das gewisse Basic-Rezepte nun wirklich in jedem veganen Kochbuch vorkommen - und eigentlich auch weggelassen werden können. Solche Rezepte nenne ich auch gerne "Füll"-Rezepte.

Hummus-Indikator: 2 Hummusrezepte bei 250 Rezepten. Guacamole-Bonuspunkte.


Umsetzbarkeit, Zutaten und Aufwand
Die Umsetzbarkeit bei den Rezepten stufe ich als sehr hoch ein. Es gab kein einziges Rezept, dass nicht geklappt hat. Auch die Angaben stimmen grösstenteils überein. Die Rezepte sind natürlich in amerikanischen Massen geschrieben - also Cups, Ounces und dergleichen. Aber auch hier kann man eigentlich recht gut improvisieren, ausser bei den Backrezepten, da sollte man genau sein. Mir hat meine Waage sehr oft geholfen, die neben Kilogramm und Liter/Milliliter auch Pounds+Ounces und Liquid Ounces anzeigen kann. Ansonsten hilft es auch, wenn man sich bei einem Gefäss den Stand von 225 ml Wasser mit einem wasserfesten Marker markiert. Ein "Cup" ist nämlich das Volumen von 225 ml Wasser, und das kann man dann entsprechend verwenden. (In grösseren Läden sind zudem auch genormte Cup-Massbecher erhältlich.)

Die Zutaten sind mit einigen wenigen Ausnahmen generell im Supermarkt oder Bioladen/ Reformhaus locker zu bekommen. Einige wenige Dinge sind derart exotisch, dass man sie hier kaum bekommt. Das kreide ich den Autorinnen aber nicht an, denn ich habe es so verstanden, dass diese Dinge in den USA sehr oft sehr verbreitet sind. Dass sie in Europa nicht erhältlich sind, dafür können die amerikanischen Autorinnen ja nichts. Ein Beispiel dafür wäre das Gemüse "Jicama", dass es in Europa nicht gibt (oder zumindest in meiner Stadt nicht.) Einiges weniges bekam ich auch im Asialaden. Es werden aber auch Alternativen angegeben, falls nötig.
Bei einigen Produkten betreiben die Autorinnen zudem Warenkunde. So erklären die Autorinnen beispielsweise ausführlich, was unter "French Lentils" zu verstehen sei. Das fand ich dann eher niedlich. Negative Punkte gibt es nur für den Flüssigrauch. Den kriege ich hier wirklich nirgends, wird aber gerade bei Moskovitz' Rezepten sehr oft eingesetzt (mehr dazu auch in Rezensionen ihrer zwei anderen Bücher). Fairerweise muss ich aber sagen: die Gerichte schmecken auch ohne Flüssigrauch gut.
(Anmerkung 2016: Mittlerweile haben sich in der Schweiz mehrere Flüssigrauch-Quellen aufgetan. Ich leide nicht mehr unter akutem Liquid-Smoke-Mangel.) 

Die Zeitangaben stimmen generell gut überein mit den Vorschlägen. Meistens war ich auch eher etwas schneller. Die Reihenfolge der Arbeitsschritte ist nachvollziehbar und passt gut. Man hat keine unnötigen Wartezeiten.

Nachgekochte Rezepte
Im Rahmen meiner extensiven veganen Kochbuchchallenge (im Jahr 2013) habe ich einige Rezepte aus dem Veganomicon nachgekocht. Da ich das Buch aber seit April 2012 besitze, habe ich vieles bereits vorher nachgekocht, ohne ein Foto zu machen. Mein Schwerpunkt beim Nachkochen lag aufgrund meiner Weight-Watchers-Karriere eher bei den salzigen Hauptspeisen und kleinen Dips, weniger auf Broten, Cookies, Fettigem und Kuchen. Die Rezepte bewegten sich zu einem grossen Teil in der eigenen Bewertung zwischen 4 und 5 Sternen. Nach dem Fazit kann man lesen, welche Rezepte ich alle nachgekocht habe bis zum heutigen Tag.

Lieblingsrezept(e): Cholent, Lemony Roasted Potatoes, Tempeh Shepherdess Pie

Fazit
Das Veganomicon erfüllt, wie ich in der Einleitung geschrieben habe, seine prophezeite Rolle als vegane Kochbuchbibel durchaus. Eine tolle Vielfalt an Aromen, Rezepten und Genüssen, die sich in den meisten Fällen als sehr lecker herausgestellt haben.
Die Rezepte sind gut getestet, gut beschrieben und funktionieren von ihren Arbeitsschritten und ihrer Zeitdauer her gut. Die Zutaten sind zu einem grossen Teil leicht erhältlich oder ersetzbar. Mit dem ausfürhlichen Einstieg in die Zubereitungsarten und der Einführung in einen veganen Vorratsschrank, der Abdeckung sämtlicher möglicher Koch-Lebenslagen stellt das Veganomicon meiner Meinung nach der perfekte Kochbuch-Einstieg für vegane Neulinge dar, die sich in der Küche bereits einigermassen auskennen.
Totale Kochnoobs könnten von gewissen Rezepten und vor allem den fehlenden Bildern leicht bis mittelschwer überfordert sein. Da das Buch jetzt auch in Deutsch erhältlich ist, gibt es meiner Meinung nach nichts anders zu sagen als: Klare Kaufempfehlung. Das Buch hat sich zu meinem Lieblingskochbuch gemausert, und da wird es vermutlich auch noch eine Weile bleiben. Rating: 5 von 5 Sternen.
(Anmerkung 2016: Die deutsche Übersetzung soll offenbar nicht so gut sein. Beim Kauf eventuell auf spätere Auflagen achten.)

Cheers!
Rose

Getestete Rezepte:
White Bean Aioli, A Hummus Recipe, Lower-fat Cauliflower Hummus, Guacamole, Blue Flannel Hash, Corn and Edamame Sesame Salad, Lentil Salad, Brooklyn Deli Macaroni Salad, Black Bean Burgers, Lemony Roasted Potatoes, Broccoli Polenta, Chickpea-Quinoa-Pilaf, Fresh Dill-Basmati Rice with Chard and Chickpeas, Tomato Couscous with Capers,  Saffron Garlic Ric,e Chickpeas Romesco, Basic Broiled Tofu, Curried Tofu, Simple Seitan, Seitan Cutlets, Chickpea Cutlets, Broccoli-Potato Soup with Fresh Herbs, Chickpea-Noodle Soup, Porcini-Wild Rice Soup, Double Pea Soup with Roasted Red Peppers, French Lentil Soup with Tarragon and Thyme, Midsummer Corn Chowder with Basil, Tomato and Fennel, Roasted Yellow Pepper and Corn Bisque, Smoky Red Peppers'n'Beans Gumbo, Seitanic Red and White Bean Jambalaya, Leek and Bean Cassoulet, Lentils and Rice with Caramelized Onions, Tomato and Roasted Eggplant Stew with Chickpeas, Braised Seitan with Brussels, Kale, and Sun-Dried Tomatoes Cholent, Parsnip Chips, Red Lentil-Cauliflower Curry, Spaghetti and Beanballs, Spicy Tempeh and Broccoli Rabe with Rotelle, Spinach Linguine with Basil-Cilantro Pesto and Artichockes, Mushroom Gravy, Jalapeno-Corn-Gravy, Lemon Bars, Samosa Stuffed Baked Potatoes, Creole Stuffed Peppers, Chestnut-Lentil-Paté, Herb-Scalloped Potatoes, Soft Poppy-Seed Polenta, Mexican Mille, Messy Rice, Rustic White Beans and Mushrooms, Tamarind Lentils, Black Bean-Vegetable Soup, Lime Creme, Tomato-Rice-Soup with Roasted Garlic and Navy Beans, Hot and Sour Soup with Wood Ears and Napa Cabbage, Tempeh Shepherdess Pie, Plantain and Pinto Stew, Spicy Tempeh and Broccoli Rabe with Rotelle, Pasta della California

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